Der Artikel "Wiege der Luftfahrtforschung" in der Ausgabe 54 des Regional-Journals "Regjo" vom letzten Jahr weist auf eine Göttinger Institution hin, die - gemessen an ihrer großen, auch internationalen Bedeutung - hierorts wenig bekannt ist.

(Allerdings enthält das eben erschienene Jahrbuch 2010 des Göttinger Geschichtsvereins jetzt auch einen Beitrag zu diesem lohnenden Thema.)

Unser Autor Sven Grünewald stellt die Entwicklung dar von der "Modellfluganstalt für Aerodynamik der Motorluftschiff- Stu diengesellschaft" (1907 ) über die "Aerodynamische Versuchsanstalt der Kaiser-Wilhelm Gesellschaft" von 1919, das ihm folgende "Kaiser-Wilhelm-Institut für Strömungsforschung" von 1925 und, 1948 umbenannt, das "Max-Planck-Institut für Strömungsforschung" zum heutigen " MPI für Dynamik und Selbstorganisation".

Gründer, Ideengeber und Forscher dieses für die entstehende Luftfahrt und andere Verkehrsmittel entscheidend wichtige wissenschaftlichen Unternehme war Professor Ludwig Prandtl, der von 1904 bis 1947 in Göttingen gearbeitet und gelehrt hat. Sein Hauptgegenstand war die Beobachtung von Strömungen an unterschiedlich gestalteten Konturen und Profilen bewegter Objekte, also z.B. an Tragflächen von Flugzeugen, Autoformen, Zugkarosserien. Für diese Beobachtung erfand Prandtl den dann nach ihm benannten Windkanal, in dem die Luftverhältnisse und ihre Wirkungen simuliert werden. Solche Simulationen ergänzen oder ersetzen gar teure reale Tests.

Für den Bau von aerodynamisch optimal gestalteten Verkehrsmitteln hat das Göttinger Institut weltweit führend Impulse geliefert. Wissenschaftler nach Prandtl wie Adolf Busemann und Hans von Ohain haben z .B . für den Bau von Düsenjägern und Raketen wichtige Daten erarbeitet .

Sven Grünewald hat die Entwicklung des Göttinger Instituts bis in die Gegenwart verfolgt, wo neben aerodynamische Grundlagenforschung auch die aeroelastische getreten ist. Er hat dazu die kundige Unterst ützung durch heute dort arbeitende Wissenschaftler genutzt.

Auch die sehr instruktive Bebilderung des Artikels mit Fotos von Simulationen und realen Körpern stammt aus dem Fundus des Deutschen Zentrums für Luft - und Raumfahrt (DLR ), dem das Institut zugehört.

Es ist dem Autor gelungen, wissenschaftliche Fragestellungen und praktische Lösungsversuche im Bereich der Aerodynamik klar verständlich darzustellen und Interesse zu wecken an der in Göttingen geleisteten Arbeit. Unter anderen Einsendungen, die teilweise in unsäglichem Deutsch gefertigt sind, war es erfreulich, hier eine sachlich zutreffende und gut lesbare Ausdrucksweise zu konstatieren.

Hören wir sein Schlußwort: " ... wenn auch die Zeit der bahnbrechenden, revolutionären Erkenntnisse vorbei zu sein scheint, ist das Göttinger DLR immer noch da, wo es einmal angefangen hat: in der Weltfopitze, und eins scheint sicher: Welche technischen Inno vationen in den nächsten 50 Jahren in Luftfahrt und Verkehr auf uns zukommen werden, seien es Hyperschallflüge, die einen in wenigen Stunden nach Australien bringen, seien es neue Schnellzüge oder auch nur Licht- und Klimaregelungen in der Flugzeugkabine , um Klimaschocks bei Interkontinentalreisen abzumildern - die Göttinger werden ihre Finger mit im Spiel haben.

Die Jury fand diesen Beitrag sehr gut und hat ihm den 1.Preis zuerkannt. Wir gratulieren.

Achim Block