Friedrich-W. Klemme: Wie es früher einmal in Göttingen war

Kapitel: Bäder in Göttingen

Das alte Hallenbad

Hoch und wunderschön hat RH das alte Hallenbad im Stumpfebiel in Erinnerung. War es Jugendstil? Eigentlich eine unwichtige Frage. Denn im Vergleich mit den heutigen Badekästen hatte das alte Bad etwas, das heute selten geworden ist: Charakter.

Zu beiden Seiten des großen Wasserbeckens befanden sich die Kabinen für die Erwachsenen. Links die der Herren, rechts die der Damen. Diese Geschlechtertrennung setzte sich in den großen Duschräumen, die sich am Ende der großen und hohen Halle befanden fort. Über den Kabinen, man könnte auch sagen im ersten Stock, waren auf einer Art Empore die Aufbewahrungsschränke für die Garderobe der Kinder und Jugendlichen eingerichtet. Auch hier wurde die Geschlechtertrennung konsequent durchgehalten. Die Geländer waren mit einer Stoffbahn verhüllt, so dass ein neugieriger Betrachter nur selten den zarten Busen eines jungen Mädchens zu Gesicht bekam.
Am südlichen Beckenrand befand sich auf dem Umgang eine Art kleiner Kran, der drehbar war und wo die Kandidaten, die Schwimmunterricht gebucht hatten, an einem Seil auf der abgeteilten Grenze zwischen den Bereichen der Schwimmer und Nichtschwimmer ihre ersten Versuche im nassen Element durchführten. So lernte auch RH schwimmen, was ihm, wenn später einmal diese Sportart auf dem Lehrplan stand, eine gute Note in dem Fach einbrachte.

Die Regie führte der Bademeister vom Eingangsbereich aus, hier befand sich eine Schiefertafel, auf der, wenn die Badezeit vorüber war, die Nummern der Kabinen bzw. der Garderobenschränke aufgeschrieben wurden damit die Badegäste das Ende der Wasserfreuden einleiten konnten. Im neuen Badetempel Göttingens in der Eiswiese werden diese Dinge jetzt sicher elektronisch geregelt. Der Sportverein, dem RH eines Tages beitrat, hieß WASPO und er hofft, dass dieser Verein noch heute in Göttingen die Interessen der Wassernixen-und Männer vertritt.

Leider wurde das schöne alte Hallenbad, das aber sicher nicht mehr dem technischen Standard der Jetztzeit entsprach, in den 70-er Jahren abgerissen und durch einen schrecklich modernen Betonbau ersetzt, dem aber auch keine lange Lebensdauer beschieden war. Bei seinem letzten Besuch in Göttingen fand RH hier nur noch einen beliebigen Parkplatz vor. Die Bürger pilgern nun, wie eh und je, mit den Badesachen in der Tasche zum Brauweg, hier allerdings jetzt zum neuen Erlebnisbad mit Sauna.

Das Freibad

Das Freibad zu Göttingen, schon in den 20-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sehr modern und neuzeitlich erbaut, war in den Kinderjahren von RH meist nur sehr schwach belegt. Auf den weiten Rasenflächen lagen nur vereinzelte Herren, die in den Badehosen nicht als "Tommys", also Besatzungssoldaten, zu erkennen waren. Die Briten hatten diese Einrichtung, wie manche andere auch, in Beschlag genommen und die Anlage war für Deutsche nicht zugänglich. In späteren Jahren hat man dann eine Regelung in der Weise gefunden, dass das Bad auch an einigen Wochentagen für die Bevölkerung zur Verfügung stand.

Die deutsche Jugend tummelte sich zu diesen Zeiten im benachbarten Flussbett der Leine im früheren „Klie' schen Bad“. Nach starken Regenfällen war jedoch die Leine oft dunkelbraun gefärbt, so dass eine Nachbearbeitung in der Zinkwanne zu Hause angebracht erschien.